Mein Leben in Zeiten von Corona

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Anfangs dachte ich, dass das Corona-Virus sich wie eine normale Grippe entwickeln wird. 

In der Arbeit ging alles weiter wie bisher, und wir haben uns in der Abteilung erstmal keine Gedanken gemacht. Erst als uns der Chef früher als das Gesamthaus angeboten hat, ab sofort im Homeoffice zu bleiben wurde mir die Tragweite bewusst. 

Seit 12. März arbeite ich also von zu Hause aus. Und ich muss sagen, es fühlt sich gut an. 

Im Gegensatz zum normalen Arbeitsalltag, wo ich erst kurz vor 19.00 Uhr heimkomme, erlebte ich hier spätestens um halb fünf den Frühlingsbeginn. 

Das frühe Aufstehen macht mir zwar nichts aus, aber es ist ein Unterschied ob man zeitig am Bahnhof sein muss und trotzdem nicht weiß, ob der Zug pünktlich ist. 

Ich kann mit meiner Frau frühstücken, dass ich vorher in Ruhe zubereite, wir können gemeinsam Mittag essen oder mal für eine Stunde einkaufen gehen. 

Aber das größte Geschenk ist der Zeitgewinn. Ich arbeite pro Tag sechs ein Viertel Stunden, bin aber gut elf Stunden unterwegs. 

Nach dem Heimkommen fällt es schwer, noch eine Runde im Garten zu drehen um Rasen zu mähen oder einfach die Schönheit zu genießen. 

Auf mich wirkt es sehr beruhigend zu sehen, wie das Virus uns behindert und einschränkt, was der Natur aber nichts bedeutet. Ich fühle eine neue Gelassenheit, Ruhe und Selbstwirksamkeit ohne wirklich etwas zu vermissen. 

Und dass, obwohl ich seit über zwanzig Jahren in einem sehr ruhigen Dorf in der Nähe von Rothenburg ob der Tauber wohne. Auch vor der Krise ging es hier ruhig und beschaulich zu. Was viele als Nachteil ansehen schützt uns das in diesen Zeiten. Die Nachbarhäuser stehen weit genug auseinander und beim Einkaufen wird auch in der Stadt die nötige Disziplin gewahrt. 

Ich sehe hier einfach meine Werte bestätigt und bereue es keinen Moment so weit auf das Land gezogen zu sein. Für mich ist es kein Problem auf Gastronomie, Einkaufstempel oder weitere Ausflüge zu verzichten. Stattdessen sehe ich bewusst, was das Frühjahr alles hervorbringt. Und das ganz von alleine. 

In der Großstadt ist das nicht das wichtigste Thema, es gibt ja genug Ablenkung. In Nürnberg aufgewachsen habe ich sehr gerne die vielfältigen Möglichkeiten genutzt: Kino, Konzerte, Ausstellungen und Kneipen, die man heute als linksgrün versifft bezeichnet. Man sah sich einen Film an und diskutierte anschließend bei einem Bier darüber. Und dass, was man tat machte man ohne eine einzige Ablenkung, man war bei sich und den anderen. Kein Smartphone, kein Event störte einen dabei. 

Wenn ich heute sehe, dass ein Klavierkonzert hängend an einem Kran gespielt, im Museum eine Schnitzeljagd veranstaltet wird, damit der Besuch nicht langweilt, stellt sich die Frage wie es überhaupt um unsere Kultur bestellt ist. 

Das gleiche gilt für den Urlaub. Ohne permanente Bespaßung und Animation geht gar nichts. Als wir vor Jahren in Ischia waren, ging es gleich darum, möglichst viele Ausflüge zu buchen, die Insel in Ruhe anzusehen und zu genießen war nicht vorgesehen. Wir haben uns sofort abgesetzt und unvergessliche Momente erlebt. Kleine Ausflüge zu den Inselorten, gegessen in kleinen Bars und viele Einheimische kennengelernt, die uns von ihrer Heimat erzählt haben. 

Und schon früher machte ich einwöchige Wanderungen durch das Fichtelgebirge, den Frankenwald und die Rhön. Neben der Entdeckung mir bis dahin unbekannter Landschaften machte ich wunderbare Erfahrungen mit den Gastwirten und anderen Menschen die mir begegnet sind. 

Vorher beschäftigte ich mich ausführlich mit dem was ich eigentlich wollte, und dann gab es die dafür notwenige Klarheit. Was ich sonst noch hätte machen können und was ich vielleicht verpasse spielte keine Rolle mehr. 

Deswegen ist dann mein Leben ausgewogen, wenn es zwischen diesen anregenden Erlebnissen immer wieder Zeiten der Ruhe, Besinnung und Reflexion gibt. 

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